Haushalt 2025 in Geiselhöring – spät, riskant, unzureichend begründet
Analyse der Stadtratssitzung vom 02.09.2025 aus Sicht von „Friedliches Geiselhöring“ – ergänzt um Zahlen und Fakten aus den Fraktionsbeiträgen
Haushalt 2025 Geiselhöring: Unsere Analyse der Stadtratssitzung vom 02.09.2025 ordnet späte Vorlage, finanzielle Risiken und Prioritätenkonflikte bei Pflichtaufgaben ein.
Executive Summary
- Beschlusslage: Der Haushalt 2025 wurde am 02.09.2025 mit 10:7 Stimmen verabschiedet – ungewöhnlich spät im Jahr.
- Prozessmängel: Nach unserer Auffassung lag ein hausgemachter Zeitdruck vor; Erläuterungen waren unzureichend, Zahlenstände teils veraltet.
- Hauptkritik: Start irreversibler Großprojekte (Freibad, Baugebiet Hirschling) trotz unsicherer Finanzierung und knapper Mittel für Pflichtaufgaben (Schule, Brücken, Substanzerhalt).
- Finanzrisiko: Sehr niedriger laufender Überschuss (~60 T€) bei Tilgungslasten (~600 T€); Finanzierung von Investitionen u. a. über noch nicht realisierte Grundstücksverkäufe; mittelfristig Schuldenanstieg auf ~8,4 Mio. € und Zins+Tilgung ~800 T€/Jahr.
- Fazit: Aus unserer Sicht haushaltspolitisch riskant und prozessual defizitär; wir hätten nicht zugestimmt.
I. Verfahren & Transparenz
Später Zeitpunkt. Der Haushalt wurde erst Ende August/Anfang September beraten und am 02.09. beschlossen. Ein externer Dienstleister war ausdrücklich beauftragt worden, genau das zu vermeiden. Der Eindruck: prozessuale Versäumnisse wurden in „Zeitdruck“ übersetzt.
Unzureichende Erläuterung, veraltete Zahlen. Nach Darstellung aus den Fraktionen erhielten Stadträte umfangreiche Unterlagen mit zu wenigen Erläuterungen; einzelne Positionen basierten offenbar auf Planwerten vom Jahresanfang und spiegelten nicht den aktuellen Stand wider. Die Forderung, den Entwurf zu aktualisieren und unter Einbindung aller Fraktionen erneut vorzulegen, wurde mehrheitlich abgelehnt – mit Verweis auf Handlungsdruck. Aus unserer Sicht: hausgemacht und vermeidbar.
Anträge & Debatte. Die Freien Wähler brachten 24 Anträge ein, die SPD 5, die CSU keinen. Das unterstreicht – unabhängig von parteipolitischen Präferenzen – dass erheblicher Klärungsbedarf bestand.
II. Haushalt 2025 – Kernzahlen & Bewertung
Laufender Haushalt. Volumen ~19,1 Mio. €; Überschuss ~60.000 € – damit deutlich unter den Tilgungslasten (~600.000 €). Zwar lässt sich das 2025/26 wohl noch über Rücklagen abfedern; zugleich wird die Rücklage damit nahezu aufgezehrt. Aus unserer Sicht: rotes Warnsignal.
Investitionshaushalt. Volumen ~6,1 Mio. €; Finanzierung u. a. über Darlehen ~2,1 Mio. € und Grundstücksverkäufe ~2,4 Mio. €, die zum Großteil noch nicht realisiert sind. Das birgt Liquiditäts- und Vollzugsrisiken – gerade, wenn Aufträge vergeben werden, bevor Geldeingänge gesichert sind.
III. Einzelprojekte – Risiko und Alternativen
1) Freibad-Sanierung
Ansatz: ~4,658 Mio. €; Zuschüsse ~2,11 Mio. € → Eigenanteil ~2,55 Mio. € innerhalb von drei Jahren.
2025 geplant: Vergabe Baumeisterarbeiten ~820.000 € – ohne vollständige Gegenfinanzierung in diesem Jahr.
Bewertung: Wir halten die sofortige Maximallösung für haushaltspolitisch riskant (Kostensteigerungen, Folgekosten).
Alternative: Stufenlösung (Basisinstandsetzung jetzt, Ausbau später), realistische Förderkulissen prüfen (auch neue Programme) sowie Sponsoring/Bürgerbeteiligung bewerten – vor Vergaben.
Tonlage in der Debatte. Die öffentliche Bezeichnung skeptischer Fraktionen als „Angsthasen“ (laut Wortbeitrag eines CSU-Stadtrats) werten wir als abwertend. Zweifel anzumelden gehört – aus unserer Sicht – zum Amtsethos („Schaden von der Kommune abwenden“). Die Behauptung einer „Mehrheit der Bevölkerung“ pro Großlösung bleibt unbelegt, solange keine valide Bürgerbefragung vorliegt.
2) Baugebiet Hirschling
Erschließung laut letztem Beschluss ~1,3 Mio. €;
Verkaufspreis voraussichtlich ~300 €/m²;
Marktrisiko: Angesichts Preisniveau und Konjunktur ist eine zeitnahe Vermarktung unsicher.
Bewertung: Ein abwartender, phasenweiser Ansatz wäre aus unserer Sicht umsichtiger (Markttest, Losgrößen, Vorverträge).
IV. Mittelfristige Finanzplanung 2025–2028
Schuldenstand: von ~3,4 Mio. € (Ende 2024) auf ~8,4 Mio. € (Ende 2028).
Jährliche Zins+Tilgung: ~800.000 € – nach Rücklagenabbau schwer aus dem laufenden Haushalt zu stemmen.
Prioritätenproblem: Trotz Neuverschuldung kaum Mittel für Pflichtaufgaben: Schule (Sanierung/Ganztag), Brücken (Mängel laut Brückenbuch), Innenstadtentwicklung, Straßen (Ausnahme: Am Rain/Anton-Bruckner-Straße), städtische Gebäude.
Bewertung: Belastungspfad ohne klare Gegenfinanzierung, Prioritätsverstoß zugunsten freiwilliger Leistungen. Das halten wir für nicht verantwortbar.
V. Zusätzliche, aus unserer Sicht relevante Punkte
Energieverträge: Der abgeschlossene langfristige, teure Stromvertrag wirkt – wirtschaftlich betrachtet – unvorteilhaft. Wir regen eine Nachsteuerung innerhalb des rechtlich Möglichen an (Portfolioprüfung, Neuverhandlungsspielräume).
Dach-PV Labertalhalle: Die kostenfreie Weiternutzung/Übernahme wurde aus unserer Sicht nicht ausreichend geprüft. Künftige Energie- und Investitionsentscheidungen sollten frühzeitig und systematisch mit örtlichen Betrieben durchgerechnet werden (Lebenszykluskosten, PPA-Modelle, Eigenverbrauch). Siehe unser Beitrag zur Bürger-PV-Anlage auf der Labertalhalle.
VI. Politische Bewertung (Meinung)
Die Kombination aus später Vorlage, unzureichend erläuterten und teils veralteten Zahlen, hausgemachtem Zeitdruck sowie dem Start irreversibler Großprojekte ohne gesicherte Gegenfinanzierung ist – unserer politischen Auffassung nach – kurzsichtig. Wir erkennen das Abstimmungsergebnis an; zustimmen könnten wir diesem Paket nicht.
VII. Was jetzt zu tun ist
- Prozessreform Haushalt: Verbindlicher Zeitplan ab Q1, öffentliche Arbeitssitzungen, vollständige Erläuterungen, regelmäßige Zahlen-Updates vor Beschlüssen.
- Pflicht vor Kür: Schule, Brücken, Substanzerhalt priorisieren; freiwillige Großprojekte stufenweise denken.
- Freibad neu takten: Stufenlösung prüfen; Förderkulissen aktuell evaluieren; Bürger-/Sponsoringmodelle seriös bewerten.
- Hirschling absichern: Markterkundung, Losgrößen, Vorverträge; Vermeidung von Vorleistungen ohne Absatzsicherheit.
- Energie/PV professionell entscheiden: Lebenszykluskosten, Preisrisiken, örtliche Expertise; Standardverfahren für Eigenverbrauch und Dach-PV.
- Bürgerbeteiligung stärken: Kurzberichte („Haushalt kompakt“), FAQ, öffentlich zugängliche Kennzahlen-Dashboards.
Schlusswort
Haushaltspolitik ist Risikomanagement, nicht Wunschverwaltung. Geiselhöring braucht Planbarkeit, Priorität für Pflichtaufgaben und Ehrlichkeit bei Kosten, Risiken und Zeitplänen. Alles andere belastet die Gemeinde – und die Bürger – auf Jahre.
Transparenzhinweis:
Diese Stellungnahme enthält Meinungsäußerungen und politische Bewertungen. Zahlen und Sachverhalte beruhen auf den in der Sitzung kommunizierten Informationen sowie den öffentlich bekannten Fraktionsbeiträgen. Korrekturen mit belastbaren Nachweisen arbeiten wir jederzeit ein.